Montag, 18.09.23
Prag – eine Stadt voller Leben und Euphorie und im Prinzip Europa auf einen Punkt gebracht. Unsere Abschlussfahrt beginnt am frühen Morgen mit dem Aufstehen. Mehr oder weniger motiviert geht es zur Schule und kurz nach halb acht setzt sich der vollbepackte Bus in Bewegung. Es folgen acht Stunden Fahrt. Unsere Hauptbeschäftigungen sind Essen, Schlafen, Musik hören, Filme gucken und auf die Toilette gehen.
Nach der Fahrt schleppen wir unsere Koffer über die Brücke und erreichen das Hotel Residence Bologna. Und es strahlt wirklich ein gewisses italienisches Flair aus, sodass wir uns in die Zeit der Belle Époque zurückversetzt fühlen. Gleich am ersten Abend machen wir uns auf den Weg in die Altstadt, die in der Abenddämmerung wie verzaubert scheint.
Dienstag, 19.09.23
Ein reichliches Frühstück stärkt uns und so starten wir bestens vorbereitet in die erste Stadtführung mit Frau Ahnfeld. Etwas verstörend die schwarzen Babies des Künstlers David Černý. Sie finden sich rund um das Kunstmuseum auf Kampa, der kleinen Moldauinsel, die entlang der Kleinseite und unterhalb der Karlsbrücke verläuft.
Am Abend geht es zum Fernsehturm. Der eiserne Koloss erstreckt sich über den goldenen Horizont Prags. Auch hier wurden die „Miminkas“, die schwarzen Babies, 2000 angebracht und lösten damals heftige Diskussionen aus – was für eine Überraschung, nicht wahr? Die Babies passen eigentlich gut zum Turm. Das Gebäude ist selbst sehr freakig und wird regelmäßig zu den hässlichsten der Welt gezählt, was es schon wieder cool macht. Das abstoßende an den Babies ist ihr übrigens ihr (fehlendes) Gesicht.
Nach einer kurzen Fahrstuhlfahrt erreichen wir die Aussichtsplattform des Fernsehturms. Nun erstrecken sich die altehrwürdigen Häuser von Prag unter unseren Füßen. Durch einen Blick aus den riesigen Fenstern erkennen wir die majestätischen Burgen, welche noch immer ihren mittelalterlichen Charme besitzen. Die Fenster der zahlreichen Kirchen, deren Giebel sich quer durch die Stadt ziehen, erstrahlen unter den letzten Sonnenstrahlen des frühen Abends. Dieser Anblick ist sehr beeindruckend und vor allem die Farbpracht der Häuser lässt die Stadt so einzigartig wirken. Die Moldau, welche die riesige Stadt in einzelne Abschnitte einteilt, schimmert blau im frühen Abendlicht. Von hier oben erkennt man auch das gesamte Stadtbild, dessen Gassen wir am Tag zuvor passierten.
Mittwoch, 20.03.23
Ein schöner Tag. Am Himmel keine einzige Wolke. Die warmen Sonnenstrahlen glitzern auf der Moldau wie Diamanten. Ein süßer Zimtgeruch liegt in der Luft, der an die Weihnachtszeit erinnert. Tatsächlich handelt es sich aber um ein slowakisches Gericht namens Trdelnik, was man an jeder Ecke von Prag kaufen kann. Es geht bergauf, vor uns erstreckt sich ein imposantes Gebäude, was aber hin und wieder von mittelalterlichen Kirchen, die genau so riesig über die Stadt ragen, verdeckt wird. Am Himmel fliegen Tauben, die höher als die Kirchtürme flattern. In der Ferne hört man kafkaesk das Galoppieren eines Pferds, eine Kutsche fährt durch die schmalen Gassen, die mit Kopfsteinpflaster bedeckt sind. Nach gefühlt tausend und einer Treppe erreichen wir den Palast, der von quasi versteinerten Offizieren 24 Stunden bewacht wird. In der Mitte des Palastes steht die bis zum Himmel reichende Kathedrale. Die Menschen stehen in der Reihe, um ins Gebäude zu gelangen. Alle laufen nur in eine Richtung. Schließlich nach einem Kilometer – umgeben von Burgmauern – erreicht man die Goldene Gasse. Links und rechts stehen niedliche kleine Häuser, die kaum größer sind als die tausend Menschen, die in die Gasse stürmen. Die Mittagssonne scheint auf die großen Fenster der kleinen Häuser und lässt diese golden reflektieren. So wird die goldene Gasse wirklich zu einer goldenen Gasse.
Am Nachmittag steht auf unserem Plan ein Exit Game. Zunächst teilen wir uns selbst in Gruppen mit je fünf Personen ein. Plötzlich kommt tierische Freude bei uns auf, die sich mit einem Funken Nervosität mischt. Zusammen mit jeweils vier anderen, die teilweise schon Exit-Game-Erfahrungen haben, bilden wir unsere Teams. Das hilft das Licht am Ende des Tunnels, beziehungsweise des Escape Rooms, zu sehen. Frau Farchmin, Frau Ahnfeld und Frau Kiss sind ebenfalls mit von der Partie. Und schon beginnt der Spaß, aber auch die Herausforderung. Man weiß anfangs gar nicht, wo man in diesem gruseligen und dunklen Kellerraum beginnen soll. Ein kalter Schauer zieht durch die Räume und man ist die ganze Zeit nur am Rumrätseln: Was suchen wir überhaupt? Es fühlt sich komisch an, alles, aber auch wirklich alles in Frage zu stellen. Aber dann haben wir unser Ziel klar vor Augen: Wir müssen den Schatz finden, bevor es die anderen tun. Unzählige Zahlen-, Puzzle- und Wortcodes werden nach und nach entschlüsselt.
Die Zeit vergeht blitzschnell und nach einer Stunde haben wir uns selbst befreit. Danach ist Entspannung und Freizeit nach dem Rätselmarathon angesagt.
Donnerstag, 21.03.23
Der Donnerstag steht – wie eigentlich unsere gesamte Reise – ganz im Zeichen Franz Kafkas. Während wir Dienstag den berühmten metallischen Drehkopf Kafkas bewundern, entdecken wir am Mittwoch auf der Prager Burg eins der Wohnhäuser Kafkas im Goldenen Gässchen und fühlen uns auch während des Exit Games magisch in die verschlüsselten Welten Kafkas hineinversetzt. Nun am letzten Tag begeben wir uns auf Spurensuche in der Prager Altstadt.
„Hier war mein Gymnasium, dort in dem Gebäude, das herübersieht, die Universität und ein Stückchen weiter links hin mein Büro. In diesem kleinen Kreis […] ist mein ganzes Leben eingeschlossen.“ – Dieses Zitat Kafkas beschreibt treffend die Enge und das dichte Beieinandersein der Plätze und Orte, die im Leben des Schriftstellers von Bedeutung waren. Begibt man sich in Prag auf Spurensuche, ist man immer wieder überrascht, dass kaum eine Lokalität außerhalb des historischen Stadtzentrums liegt und auch darüber, wie viele Gebäude bis heute erhalten geblieben sind. Allein in der Zeltnergasse, der heutigen Celetná, hatte die Familie an vier verschiedenen Adressen Geschäft und Wohnungen angemietet. Und die kann man heute noch allesamt besichtigen.
Das machen wir natürlich und erreichen am Schluss noch das Kafka-Museum. Das Museum liegt in der Nähe der Moldau und ist in einem alten Gebäude mit einem großen Innenhof untergebracht. Innen ist es ziemlich dunkel und man hört alte Ton- und Filmaufnahmen aus der Zeit der Jahrhundertwende. Eine kleine, schmale Treppe führt uns in die erste Etage und zu beiden Seiten erstrecken sich schwarze Wände und eine Vielzahl von Kafkazitaten und Bildern. Die Ausstellung führt uns durch das Leben des Künstlers – originale Schriftstücke, wie Briefe, Schreibversuche oder Urkunden, und Fotos geben Einblicke in sein Leben. Während des Besuches erfahren wir mehr über seinen Schreibstil und die Werke. Am Ende ist es eine faszinierende Reise in die Gedankenwelt des Schriftstellers. Man sieht schließlich die Stadt durch seine Augen und das macht diesen Besuch so wertvoll.
Freitag, 22.09.23
Nach unserem Diskobesuch am vergangenen Abend verabschieden wir uns müde und geschafft von der wunderschönen Stadt Prag. Eine spannende Fahrt geht zu Ende.
Prag 2023
Begleiterin & Autorin
Katja Kiss
k.kiss@rsg-roev.de